Lese - Rechtschreib - Praxis

Ulrike Sonthof - Michelstadt

Qualifizierte Förderung bei Lese-Rechtschreibschwäche

Lautgetreue Lese-Rechtschreibförderung

 

Wenn  es um Rechtschreibung geht, kann man - vereinfacht -  drei Gruppen von Wörtern unterscheiden:

- Lautgetreue Wörter werden genauso geschrieben wie man sie spricht (z. B. kom-men).

- Regelwörter können abgeleitet werden (z. B. kommt). In diese Gruppe gehören auch Nomen.

- Speicherwörter müssen `gespeichert´, also auswendig gelernt werden (z. B. während).

 

In der Grundschule werden lautgetreue Wörter mit Regel- und Speicherwörtern gemischt. Sie tauchen gleichermaßen als Übungs- oder Lernwörter auf, obwohl den Schreibweisen ganz unterschiedliche Lernschritte zugrunde liegen. Da das rechtschreibschwache Kind anders als nicht Betroffene lernt, ist es kaum in der Lage, diesem `Durcheinander´ zu folgen. Es hat den Eindruck, dass man sich die Schreibweise aller Wörter merken muss. Eine Herkulesaufgabe: Schauen Sie sich eine Ausgabe des Duden an und stellen sich vor, Sie müssten den Inhalt auswendig lernen!

 

Das Konzept der `Lautgetreuen Lese-Rechtschreibförderung´ nach Reuter-Liehr berücksichtigt die besonderen Bedingungen, unter denen betroffene Kinder und Jugendliche die Rechtschreibung erlernen können.Entscheidend für Lernerfolge ist ein systematische Vorgehen. Als wichtigster Grundsatz der Förderung gilt: Vom Häufigen zum Seltenen und vom Leichten zum Schweren.

 

Da etwa sechzig Prozent des deutschen Wortschatzes aus lautgetreuen Wörtern besteht, setzt hier das Training an. Spricht man diese Wörter exakt in Silben, so hört man jeden Buchstaben und weiß beispielsweise, ob in der Mitte eines Wortes ein einfacher oder doppelter Konsonant vorhanden ist. Da die Silbengliederung dem natürlichen Sprechrhythmus entspricht, kann sie durch Bewegung intuitiv gefunden werden. Also werden zu Beginn des Trainings die Wörter `getanzt´ und die Silben mit Armschwüngen herausgefunden. Später ist dies nicht mehr nötig, nur bei Zweifeln nehmen die Kinder noch die Hand zu Hilfe.

Durch genaues Mitsprechen der Silben beim Schreiben lernt das Kind, auf die richtige Buchstabenfolge zu achten und diese mit Silbenbögen selbständig zu kontrollieren. Das verwendete Wortmaterial wird stufenweise schwieriger und entspricht immer dem jeweiligen Lernschritt. So ist gewährleistet, dass Fehler nachvollziehbar sind und vermieden werden können.

 

Regelwörter bilden rund dreißig Prozent des Gesamtwortschatzes, der Regelaufbau wird im zweiten Teil der Förderung trainiert. Hierzu gehören Vorsilben, Endungen und Ableitungen. Auf der Grundlage, dass das genaue Mitsprechen sicher beherrscht wird, kann das rechtschreibschwache Kind die Logik der Regeln, insbesondere das Ableiten, nachvollziehen. Wird dieser Bereich der Rechtschreibregeln in der Schule didaktisch sinnvoll vermittelt, so kann eventuell auf diesen zweiten Teil der Förderung verzichtet werden.

 

Bleiben noch die Speicher- und Fremdwörter, die nur etwa zehn Prozent des Wortschatzes ausmachen. Sie müssen tatsächlich auswendig gelernt werden und kommen in der Förderung nicht vor.

 

Am Psychologischen Institut der Universität Göttingen konnte die Wirksamkeit des Konzepts bestätigt werden.

Der Bundesverband für Legasthenie (BVL) empfiehlt es Rat suchenden Eltern. Die Ausbildung zum LRS-Therapeuten nach Reuter-Liehr wurde 2007 vom BVL zertifiziert. Sie gewährleistet, dass das rechtschreibschwache Kind eine seinem Problem angemessene und nachhaltige Förderung erhält.